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Migräne

Therapie

Da die Ursachen von Migräne nur unzureichend bekannt sind, steht bei der medikamentösen Therapie in erster Linie die Behandlung der Symptome im Vordergrund. Es wird zwischen einer Therapie des akuten Migräneanfalls und einer Prophylaxe (Vorbeugung) vor den Anfällen unterschieden.

Je nach Stärkegrad der Migräne stehen unterschiedliche Medikamente erster Wahl zur Verfügung:

  • Handelt es sich um leichte bis mittelschwere Migräneattacken, ist die frühzeitige Einnahme von hohen Dosen an Analgetika (Schmerzmittel) und nichtsteroidalen Antirheumatika-Schmerzmitteln wie beispielsweise Acetylsalicylsäure, Paracetamol, Ibuprofen oder Diclofenac empfehlenswert. Kombinationspräparate aus Acetylsalicylsäure, Paracetamol und Koffein sind laut verschiedenen Studien wirksamer als die Einnahme der Einzelsubstanzen.
  • Bei schweren Migräneattacken wird zumeist die Einnahme sogenannter Triptane (Serotonin-Rezeptor-Agonisten) notwendig. Diese Stoffe wirken auf die Serotonin-Rezeptoren, wodurch die Kopfschmerzen gemildert und Migräne-Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen bekämpft werden. Die beste Wirkung erzielen Triptane, wenn sie frühzeitig bei akuten Migräneattacken eingenommen werden. Es sind in Apotheken zahlreiche Triptan-Wirkstoffe in unterschiedlichen Darreichungsformen erhältlich, beispielsweise als Tablette, Nasenspray, Zäpfchen und Subkutan-Injektion. Triptane können zudem zeitgleich mit anderen Schmerzmitteln eingenommen werden. Bei Vorliegen einer Koronaren Herzkrankheit (KHK), Raynaud-Syndrom, unbehandelter Hypertonie (Bluthochdruck), schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen, nach Schlaganfällen sowie während der Schwangerschaft und Stillzeit dürfen Triptane grundsätzlich nicht eingenommen werden.

Die Schmerzmittel dürfen nie unkontrolliert eingenommen werden. Es gilt zu beachten, dass die Medikamente nicht häufiger als zehnmal pro Monat und nicht länger als an drei aufeinander folgenden Tagen eingenommen werden dürfen, da es sonst zur Entstehung von medikamenteninduzierten Kopfschmerzen kommen kann. Bei häufigem Auftreten von Kopfschmerzen sollte auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden.

Zusätzlich stehen zur Behandlung noch andere Medikamente zur Verfügung, die jedoch stärkere Nebenwirkungen verursachen:

  • Ergotamine (Mutterkornalkaloide): Diese werden ebenfalls zur Anfallskupierung bei akuten Migräneattacken eingesetzt, jedoch lösen sie häufiger Nebenwirkungen (zum Beispiel Benommenheit, Schwäche) aus als Triptane. Ergotamine werden daher nur als Ersatzmittel bei sehr langen Migräneattacken oder bei Unwirksamkeit von Migräne-Medikamenten erster Wahl (NSAR, Triptane) eingesetzt.
  • Antiemetika: Diese Medikamente sind hilfreich gegen die starke Übelkeit und das Erbrechen bei Migräneattacken. Empfohlene Wirkstoffe wie zum Beispiel Metoclopramid (nur für Erwachsene zugelassen) oder Domperidon (auch für Kinder zugelassen) bessern erwiesenermaßen die Beschwerden.
  • Opioide (opiathaltige Medikamente): Da die Wirkung dieser schmerzstillenden Medikamente bei Migräne nicht belegt ist und ein hohen Suchtpotential besteht, sollten Opioide nicht angewendet werden.

Abgesehen von einer medikamentösen Therapie ist besonders darauf zu achten, ausreichend Ruhe und Erholung bei einer Migräneattacke zu finden. Der Aufenthalt in einem ruhigen, abgedunkelten Raum mildert die Beschwerden. Ebenso können Schlaf, kalte Kompressen oder Entspannungsübungen hilfreich sein.

Prognose

Da es sich bei Migräne um eine chronische Erkrankung handelt, deren Ursache nur unzulänglich bekannt und behandelbar ist, können die Migräneattacken nicht komplett verhindert werden. Jedoch können mit einer adäquaten Therapie und Lebensweise die Häufigkeit und die Intensität der Attacken verringert werden. Falls mehr als drei Migräneanfällen pro Monat auftreten, ist eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe empfehlenswert.

In einigen Fällen kommt es zu einem selteneren Auftreten von Migräneanfällen nach dem 40. Lebensjahr. Die Gründe hierfür sind nach derzeitigem Wissensstand nicht bekannt. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass mit der Zeit die Kopfschmerzen an Intensität zunehmen. Dies kann die Folge von medikamenteninduzierten Kopfschmerzen sein – diese Kopfschmerzform wird durch eine zu häufige Einnahme von Schmerzmitteln oder Triptanen ausgelöst.

Vorbeugen

Durch eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe und einer veränderten Lebensweise lassen sich die Häufigkeit und Intensität von Migräneanfällen positiv beeinflussen. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Stressbewältigung sowie Entspannungsübungen (zum Beispiel progressive Muskelrelaxation nach Jacobson oder Biofeedback-Verfahren) und kognitive Verhaltenstherapien sind wirksame Methoden zur medikamentenfreien Migräne-Prophylaxe. Viele Patienten berichten auch von der Wirksamkeit einer Akupunkturbehandlung.

Da einem Migräneanfall oftmals bestimmte Auslöser (Trigger) wie beispielsweise Schlafmangel, Stress oder Nikotin vorangehen, sollten diese auslösenden Faktoren nach Möglichkeit vermieden werden. Mithilfe eines Kopfschmerzkalenders können die Lebensgewohnheiten analysiert und die persönlichen Trigger herausgefiltert werden. Im Kopfschmerzkalender werden unter anderem zeitliches Auftreten, Dauer und Intensität der Kopfschmerzen sowie Begleiterscheinungen, Medikamenteneinnahmen, Lebensstil (Ess- und Schlafgewohnheiten) und der Menstruationszyklus vermerkt.

Zusätzlich sollte es nach Möglichkeit vermieden werden, abends große Mengen zu essen und zu trinken. Der Alkoholkonsum sollte stark reduziert werden, bestenfalls wird gänzlich auf Alkohol verzichtet. Auch sollte auf ein geregeltes Schlafverhalten und eine ausreichende Schlafdauer geachtet werden. Wirksam als Migräne-Prophylaxe haben sich zudem Ausdauersportarten wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen erwiesen. Regelmäßige körperliche Betätigung steigert das Wohlbefinden und wirkt einem Migräneanfall entgegen.

Falls sich durch eine Änderung des Lebensstils keine ausreichende Vorbeugung gegen Migräneanfälle erreichen lässt, kann eine medikamentöse Migräne-Prophylaxe in Betracht gezogen werden. Diese ist zu empfehlen, wenn folgende Faktoren zutreffen:

  • Auftreten von drei oder mehr Migräneanfällen pro Monat.
  • Anhalten der Migräneattacken über einen längeren Zeitraum als 72 Stunden.
  • Erhebliche Beeinträchtigung der Lebensqualität, des Berufslebens oder des Schulbesuchs durch Migräneanfälle. F
  • alls Medikamente beim akuten Migräneanfall keine Wirkung zeigen oder aufgrund von Unverträglichkeiten nicht eingenommen werden können.
  • Falls in der Vergangenheit bereits ein migranöser Infarkt (Anhalten der Aurasymptome länger als 60 Minuten, eventuell in Verbindung mit einer Minderdurchblutung des Gehirns) aufgetreten ist.

Für die medikamentöse Prophylaxe stehen folgende Mittel zur Verfügung:

  • Migräne-Prophylaktika 1. Wahl: Hier stehen beispielsweise Herz-Kreislauf-Medikamente wie Betablocker (Propranolol, Metoprolol), Calciumkanalblocker (Flunarizin) oder antiepileptische Wirkstoffe (Topiramat, Valproinsäure) zur Verfügung. Teilweise eignen sich auch Schmerzmittel (Naproxen) oder Antidepressiva (Amitriptylin) zur Vorbeugung von Migräneanfällen.
  • Migräne-Prophylaktika 2. Wahl: Hier kommen zum Beispiel Wirkstoffe wie Gabapentin, Venlafaxin, Acetylsalicylsäure, Magnesium und Riboflavin (Vitamin B2) zum Einsatz. Die Migräne-prophylaktische Wirkung dieser Medikamente ist jedoch nicht bei allen Substanzen wissenschaftlich belegt.

Durch eine Prophylaxe kann die Häufigkeit, Intensität und Dauer der Migräneanfälle um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Zusätzlich kann den durch Medikamentenkonsum ausgelösten Dauerkopfschmerzen (medikamenteninduzierte Kopfschmerzen) vorgebeugt werden. Es ist empfehlenswert, eine medikamentöse Prophylaxe mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen wie Biofeedback-Verfahren oder einer progressiven Muskelrelaxation zu kombinieren.