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ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)

Therapie

Die Therapie von ADHS ist sehr vielschichtig und umfassend. Dabei muss vor allem darauf Wert gelegt werden, dass für jeden Patienten eine individuell passende Therapie gefunden wird, auch wenn dies sehr aufwendig ist.

Ziel ist es, dass die Betroffenen ein weitgehend normales Leben führen können. Bei Kindern wird sehr viel Wert darauf gelegt, ihnen eine normale Weiterentwicklung zu ermöglichen, um Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Um die individuelle Therapie gewährleisten zu können, braucht es ein ganzes Netzwerk von Helfern. Nicht nur Ärzte und Psychologen müssen unterstützend mitwirken, sondern auch Eltern, Geschwister, Lehrer und andere Betreuer müssen in die Therapie integriert werden.

Medikamentöse Therapie

Zur medikamentösen Behandlung kommen Psychostimulanzien und andere Medikamente zum Einsatz, die die Symptome von ADHS lindern sollten. Die Stimulanzien sind derzeit die wirksamsten Präparate, um die Aufmerksamkeit und das Sozialverhalten zu verbessern.

So gut die Medikamente jedoch wirken, so schwierig ist auch der Umgang mit ihnen. Da sie dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, ist die Behandlung etwas aufwendig und manche Eltern stehen ihr deswegen misstrauisch gegenüber.

Um die Risiken zu minimieren, sollte bei der medikamentösen Therapie eine engmaschige Kontrolle durchgeführt werden, um etwaige Nebenwirkungen frühzeitig erkennen zu können. Dazu zählen Appetit- und Schlafstörungen, eine Beeinträchtigung des Wachstums und Puls- oder Blutdruckerhöhungen. Meistens können diese Nebenwirkungen durch eine Anpassung der verwendeten Dosis wieder eliminiert werden.

Alternativ zu den Stimulanzien können auch Neuroleptika, Antidepressiva, Antikonvulsiva oder MAO-Hemmer eingesetzt werden. Diese stellen aber nicht das Mittel der Wahl dar und sollten nur bewusst eingesetzt werden. Tranquilizer und Barbiturate dürfen bei ADHS-Kindern nicht eingesetzt werden.

Insgesamt kann auf die medikamentöse Therapie meistens verzichtet werden, solange sich die Kinder noch nicht im schulpflichtigen Alter befinden. Während der Schule ist es für viele ADHS-Kinder aber nahezu unmöglich, den Leistungsanforderungen gerecht zu werden, wenn sie nicht medikamentös dabei unterstützt werden.

Die Arbeit mit den Eltern

Vor allem bei kleinen Kindern, aber auch bei Heranwachsenden muss viel mit den Eltern gearbeitet werden. Diese müssen sehr gut informiert, geführt und auch entlastet werden. Nur so werden sie in die Lage versetzt, ein geregeltes und erfülltes Leben mit dem ADHS-Kind zu führen. Wenn auch weitere Geschwister da sind, sollten auch diese in die Therapie miteinbezogen werden, da ADHS immer die gesamte Familie beeinflusst.

Bei kleinen Kindern sind die Eltern oft die einzige Möglichkeit, wie das Verhalten der Kinder positiv beeinflusst werden kann. Denn diese sind einer kognitiven Verhaltenstherapie aufgrund ihrer noch fehlenden Entwicklung noch nicht gewachsen.

Verhaltenstherapie bei ADHS

Für ADHS-Kinder ab dem Schulalter sollte immer eine kognitive Verhaltenstherapie ins Auge gefasst werden. Diese sollte auch ein Aufmerksamkeits- und Strategietraining beinhalten. Ergänzend kann auch ein Training der sozialen Kompetenzen sinnvoll und zielführend sein. Jegliche therapeutische Unterstützung der Kinder sollte immer einen strukturierenden Charakter haben.

Folgen der fehlenden Behandlung

Manche Eltern verweigern sich der medikamentösen Therapie, da sie gehört haben, dass sich ADHS mit der Zeit auswachsen kann. Und es ist auch wahr, dass sich die Symptome bei einigen Kindern mit der Zeit abschwächen, auch wenn keine Behandlung erfolgt.

In vielen Fällen bleibt die Störung aber in irgendeiner Form bestehen. Wenn die Kinder nicht behandelt und mit bestem Wissen und Gewissen unterstützt werden, kann dies ernsthafte Folgen für sie nach sich ziehen.

So ist zum Beispiel der Schulerfolg ohne eine entsprechende Therapie kaum möglich. Infolge dessen kann auch keine Berufsausbildung gemacht werden, die den eigentlichen kognitiven Fähigkeiten des Kindes entspricht. Denn auch wenn die Aufmerksamkeit beeinträchtigt ist und die Konzentration schwer fällt, heißt es nicht, dass die Kinder auch an einer Intelligenzminderung leiden.

Neben dem Berufsleben sind vor allem die Auswirkungen auf das Privatleben nicht zu unterschätzen. So kann die Beziehungsfähigkeit drastisch reduziert werden, weswegen kaum soziale Beziehung aufgebaut und erhalten werden können.

Zudem besteht ein erhöhtes Risiko, straffällig zu werden. Und auch wenn die jugendlichen ADHS-Patienten nicht auf eine schiefe Bahn geraten, ist das Unfallrisiko der ADHS-Kinder erheblich erhöht. Durch den ständigen Bewegungsdran werden Gefahren falsch eingeschätzt, was mitunter zu schwerwiegenden Verletzungen führen kann.

Im Erwachsenenalter führt ADHS oft zu Folgeerkrankungen. So ist das Risiko für psychische Erkrankungen, wie zum Beispiel Angststörungen und Depression, insgesamt erhöht, wenn man als Kind an ADHS gelitten hat. Auch das Fibromyalgiesyndrom, Herzinfarkt und Abhängigkeitserkrankungen treten gehäuft auf.

Prognose

Vor allem im jungen Erwachsenenalter kommt es häufig zu einer spontanen Abschwächung der Symptomatik. In 30 bis 50% der Fälle bleiben die Symptome aber weiterhin da. Oft verändern sich diese aber mit fortschreitender Entwicklung. So wird die überschießende Motorik immer weiter in den Hintergrund gedrängt, während eher Schusseligkeit, Vergesslichkeit oder fehlende Organisiertheit auffallen.

Wenn eine ausgeprägte ADHS nicht behandelt wird, kommt es oft zu weiteren Störungen wie Substanzmissbrauch, affektive Störungen und Persönlichkeitsstörungen. Diese ziehen einen sehr ungünstigen Verlauf nach sich.

Tipps

Den besonderen Anforderungen eines Kindes mit ADHS gerecht zu werden, ist oft nicht einfach. Die Eltern stehen meist immer unter Strom, erwarten nur das Schlimmste, weil sie wissen, dass dem Kind die Energie nicht so schnell ausgehen wird.

Vor allem dauert es auch einiges an Zeit, bis der Umgang mit der Erkrankung von der Familie erlernt werden kann. Es gibt kein allgemein gültiges Wunderrezept für den Umgang mit einem Kind, das an ADHS leidet. Im Gegensatz dazu muss jede Familie selbst experimentieren und ausprobieren, welche Strategien funktionieren und welche nicht. Trotzdem gibt es einige allgemeine Tipps und Tricks, die den Alltag erleichtern können.

Struktur im täglichen Chaos

ADHS-Kinder haben ein großes Problem damit, selbst eine Struktur zu erstellen und diese beizubehalten. Deswegen kann es sehr hilfreich sein, wenn man dem Kind zeigt, wie Aktivitäten strukturiert und geplant werden können. So können große Aufgaben in kleine Teilschritte zerlegt werden. Auch klare Zeit- und Aufgabenpläne für die ganze Familie und transparente und einfache Regeln können den Alltag sehr erleichtern.

Die zeitliche Struktur sollte auch ausreichend Erholungszeiten und fixe Ess- und Trinkzeiten beinhalten. Auch wenn die Kinder hyperaktiv sind, brauchen sie ausreichend Schlaf und auch Ruhezeiten. Zudem sollte eine ausgewogene Ernährung im Alltag Platz finden und ausreichend Flüssigkeit zu sich genommen werden. So gibt man dem Kind die Möglichkeit, mit voller Aufmerksamkeit die Welt um sich und die jeweiligen Situationen wahrzunehmen und einzuschätzen.

Veränderungen und Überraschungen sind für viele ADHS-Kinder ein großes Problem, weswegen diese vermieden oder zumindest behutsam angekündigt und besprochen werden sollten.

Belohnungen

Wie bei jedem anderen Kind wirkt die eine oder andere Belohnung so manche Wunder. Im Gegensatz zu Strafen und Zurechtweisungen, die oft einen Gegenangriff vonseiten des Kindes auslösen, animieren Lob und Belohnung ein gutes und angenehmes Verhalten.

Für ein Kind mit ADHS kann es hilfreich sein, ein fixes Belohnungssystem zu entwickeln. In diesem System kann sich das Kind zum Beispiel Vergünstigungen erarbeiten. Auch hier muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Grundzüge des Systems klar erklärt und durchschaubar sind.

Ermutigungen

Nicht nur Eltern von ADHS-Kindern, sondern auch die Kinder selbst sind oft frustriert, weil sie auch merken, dass sie anders sind. Zudem haben sie oft nicht die Motivation, eine Aufgabe zu beenden. Deswegen brauchen sie sehr viel Lob und Ermutigungen, um etwas zu Ende zu bringen.

So kann es auch sehr hilfreich sein, wenn man das Ziel immer wieder klar offenlegt, während das Kind eine Aufgabe bearbeitet. Auch die Erinnerung an bisherige Erfolgserlebnisse kann sehr hilfreich sein, denn diese werden oft allzu schnell vergessen.

Die Ermutigungen sollten auch im sozialen Bereich stattfinden. So kann es beim Aufbau von Freundschaften helfen, wenn man immer wieder daran erinnert, wie wichtig Freunde sind und welchen Nutzen man von ihnen hat.

Schnelle und klare Interaktionen

Damit ADHS-Kinder Lob oder Tadel auch mit der ursächlichen Situation in Verbindung bringen können, ist es wichtig, sofort zu reagieren, wenn ein äußerst positives oder negatives Verhalten auffällt. Wenn man zu lange wartet, weiß das Kind nicht mehr, wofür die lobenden oder mahnenden Worte stehen.

In der Interaktion mit dem Kind sollte man immer versuchen, dessen Eigenheiten zu akzeptieren, und nicht versuchen, das Kind so zu verändern, wie man es selbst gerne haben würde. Anstatt die negativen Aspekte der Erkrankung bekämpfen zu wollen, ist es oftmals hilfreich, wenn man die positiven Seiten des Kindes in den Mittelpunkt rückt.

Beim Umgang mit unerwünschtem Verhalten kann es auch hilfreich sein, wenn man sich immer vor Augen hält, dass es nicht der schlechte Charakter des Kindes ist, der Probleme macht, sondern die Erkrankung ADHS, dessen Symptome das Leben oftmals schwerer gestalten. Es liegt also nicht am Kind, sondern ist einfach ein Symptom einer neurobiologischen Grundstörung.

Freiräume gewähren

Um das Kind zu schützen, neigt man oft dazu, die Freiräume des Kindes zu beschneiden. Ein Kind mit ADHS braucht aber auch eigene Freiräume, in denen zum Beispiel soziale Kontakte mit Gleichaltrigen geübt werden können. So kann auch außerhalb der Schule mit Vereinen für Sport oder Musik zusammengearbeitet werden. Dabei sind natürlich auch die Wünsche, Interessen und Stärken des Kindes zu berücksichtigen, um einen positiven Effekt daraus zu ziehen.

Hilfreich kann auch der Sport, vielleicht sogar eine Kampfsportart sein. Hier wird nicht nur das Austoben ermöglicht, sondern vor allem auch die Konzentration und die soziale Interaktion gestärkt. Zudem lernen die Kinder auch, verantwortungsvoll mit der eigenen körperlichen Kraft umzugehen. Natürlich ist auch jegliche andere Sportart eine wunderbare Möglichkeit für ein Kind mit ADHS, wichtige Verhaltensweisen und Fähigkeiten zu erlernen.

Förderung von Begabungen

Wenn das Kind mit seinen Stärken und Begabungen gefördert wird, hat dies gleich einen zweifach positiven Effekt. Zum einen zeigt es den Eltern und dem Umfeld, dass das Kind auch sehr viele positive Eigenschaften hat, Dinge hat, die es gut kann. Andererseits wird auch dem Kind gezeigt, dass es gut ist, was dem Aufbau von Selbstbewusstsein zuträglich sein wird. Kleine und große Erfolgserlebnisse sind für den Aufbau von Selbstvertrauen überaus wertvoll!

Immer cool bleiben

Ganz egal, wie stressig die Situation sein mag, wenn man selbst die Nerven verliert, wird es nur schlimmer. Für Eltern gilt also, immer zu versuchen, selbst cool zu bleiben. Damit das möglich wird, sollte man sich auch bewusst Auszeiten nehmen und diese mit Erholung, Freizeitaktivitäten und sozialen Kontakten zu füllen. Die ADHS des Kindes wird den Alltag sowieso schon sehr bestimmen, deswegen sollte man sich bewusst Räume schaffen, in denen die Erkrankung keine Rolle spielt.

Zudem sollte man sich auch immer informiert halten. Dies nimmt vor allem die Zweifel, ob man irgendetwas besser machen könnte. Denn wenn man genau über die Symptome Bescheid weiß, weiß man auch, dass die Verhaltensweisen des Kindes nicht an einem selbst liegen. Für viele ist auch der Austausch mit anderen Familien sehr hilfreich gewesen. Dies ist über Selbsthilfegruppen und Foren im Internet möglich.