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Multiple Sklerose (MS)

Symptome

Das Ausmaß der Symptome richtet sich nach dem Entstehungsort des Entzündungsherdes und kann deshalb sehr unterschiedlich ausfallen.

Die ersten Anzeichen treten meistens plötzlich und bei vollständigem Wohlbefinden auf. In seltenen Fällen können sich die Symptome auch schrittweise entwickeln. Jeder dritte Betroffene leidet zuerst unter Gefühlsstörungen, die durch ein Taubheitsgefühl oder Kribbeln in den Beinen und Armen gekennzeichnet sind. Jeder fünfte Patient leidet zunächst unter einer unnatürlichen Müdigkeit, Problemen beim Stuhlgang oder der Unfähigkeit richtig gehen und stehen zu können. Andere Beschwerden sind als Erstsymptome eher selten.

Der Beginn einer MS tritt meistens völlig unerwartet auf. Den Betroffenen geht es im Normalfall gut. Innerhalb von Stunden oder Tagen kommt es dann zu den ersten Beschwerden. Eher untypisch für MS ist, dass sich die Krankheit langsam bemerkbar macht und der Grad der Beschwerden mal stärker und mal schwächer ist, sodass die Patienten kaum etwas davon merken.

Der Großteil der Betroffenen ist zwischen 20 und 40 Jahre alt, wenn sich die Symptome zum ersten Mal bemerkbar machen. Ein Drittel der Patienten leidet am Anfang unter Gefühlsstörungen, die sich durch Taubheit und Kribbeln in den Beinen und Armen äußern.

Etwa 16 Prozent klagen anfangs über Sehstörungen. Andere wiederum leiden unter Kraftlosigkeit in den Armen (seltener auch in den Beinen), sowie unter einer gestörten Blasenentleerung oder Schmerzen. Es kann jedoch auch vorkommen, dass mehrere Symptome gleichzeitig auftreten.

Kommt es zu Entzündungsherden mit ausgeprägten Beschwerden, spricht man von einem Schub. Nach einem Schub klingen die Beschwerden meistens ab, bis es dann zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu einem Schub kommt. In manchen Fällen kommen zu den bestehenden Symptomen neue hinzu, die nach einer gewissen Zeit ebenfalls wieder verschwinden können.

Der Krankheitsverlauf ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Bei einigen Betroffenen bilden sich die Symptome nach einem Schub wieder vollständig zurück, bei anderen wiederum bleiben sie teilweise bestehen. Manchmal nehmen auch die Beschwerden immer mehr zu, sodass sich Schübe nicht mehr erkennen lassen.

Mehr als 50 Prozent der Patienten leiden im Laufe der Erkrankung unter Gang- und Gleichgewichtsstörungen oder Spastiken (Muskelverkrampfungen), sie sind von einer starken Müdigkeit befallen (Fatigue), haben ein Schwächegefühl in den Gliedmaßen oder können ihre Blase nicht mehr richtig entleeren. Hinzu kommt noch, dass Männer unter Erektionsstörungen leiden können. Bei drei von vier Patienten ist das Sehvermögen auf einem Auge gestört, andere wiederum sehen alles doppelt.

Bei etwa jedem zweiten Patienten äußern sich Unsicherheit bei Ziel- und Zeigebewegungen, psychische Störungen (etwa Depressionen), Sprechstörungen, kognitive Störungen (beispielsweise Konzentrationsstörungen) oder Darmentleerungsstörungen.

Selten aber doch ab und zu kommt es zu anderen Beschwerden, wie etwa Kopfschmerzen, Schmerzen oder Lähmungen im Gesicht, Schmerzen am Körper, Gefühlsstörungen oder Kraftlosigkeit in den Armen oder ein Kribbeln im Nacken wenn der Kopf gebeugt wird.

Generell gestaltet sich die Diagnose als sehr kompliziert, da MS sich durch viele Symptome äußern kann und einige Betroffene nur wenig Symptome aufweisen, andere hingegen mehrere gleichzeitig.

Diagnose

Die Diagnosestellung ist meistens sehr schwierig, da es im Gegensatz zu anderen Krankheiten keine typischen Symptome, die nur bei einer Multiplen Sklerose vorkommen, gibt. Der Großteil der Beschwerden können ebenfalls Symptome einer anderen Erkrankung, wie etwa Durchblutungsstörungen im Gehirn oder einem Bandscheibenvorfall, sein. Um eine Diagnose stellen zu können, bedient man sich folgenden Untersuchungsschritten:

  • Krankengeschichte (Anamnese)
  • Körperliche Untersuchung (klinischer Befund)
  • Technische und Laboruntersuchungen (zum Beispiel Kernspintomographie= MRT, evozierte Potentiale, Untersuchung des Nervenwassers, Blutuntersuchungen)

Während der Erstellung der Anamnese erfragt der Arzt die Dauer der Beschwerden und die Entwicklung. Manche Betroffenen wissen nicht, dass Beschwerden, unter denen sie schon seit Monaten oder manchmal sogar Jahren leiden, die ersten Anzeichen einer MS sein können. Manchmal beschreiben Patienten, dass sie vor längerer Zeit einmal für einige Tage bis Wochen ein komisches Gefühl in einem Arm oder Bein hatten, was auf eine Entzündung im Rückenmark hindeuten kann. Die Beschwerden werden häufig ignoriert und nicht weiter beachtet, da sie nicht sonderlich ausgeprägt oder sofort wieder verschwunden sind (beispielsweise bei einer Entzündung des Sehnervs). Der Arzt findet in vielen Fällen keine Ursache.

Wichtig ist auch die Information, ob der Betroffene oder ein Familienangehöriger an einer Autoimmunerkrankung leidet.

Anzeichen, wie etwa Schwierigkeiten bei der Darmentleerung, Störungen beim Wasserlassen oder Geschlechtsverkehr oder eine schnelle Ermüdung und Konzentrationsschwierigkeiten, sowie depressive Verstimmungen sollten erfragt werden.

Nach der Anamnese erfolgt eine körperliche Untersuchung, bei der eine normale klinische und eine neurologische Untersuchung gemacht werden.

Hinzu kommt noch eine Überprüfung der Sehfähigkeit. Um das Maß der Zerstörung durch Entzündungsherde festzustellen, dienen bestimmte Skalen, wie etwa die „Expanded Disability Status Scale“ (EDSS) oder die „multiple- sclerosis- funktional- composite- Skala“ (MSFC).

Um Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörungen messen zu können, wird der paced- auditory- serial- addition- Test (PASAT) durchgeführt. Bei diesem Test werden über ein Tonband 60 einstellige Zahlen abgespielt. Der Proband soll dann die zweitgenannte Zahl zu der ersten addieren und die Summe nennen. Dieses Schema zieht sich bis zum Ende fort.

Zu der rein neurologischen Untersuchung kommt noch eine neuropsychologische Untersuchung hinzu. Diese Untersuchungen bestehen daraus die Lernfähigkeit, Sprachverarbeitung oder das Gedächtnis zu testen. Hierzu benutzt man ebenfalls bestimmte Tests.

Treten Probleme beim Wasserlassen auf, kann dieses Verhalten anhand eines Miktionsprotokolls kontrolliert werden. In diesem Protokoll vermerkt der Patient, wie oft er Wasser lässt. Die Urinmenge wird notiert, die nach dem Wasserlassen in der Blase verbleibt (Restharnbestimmung). Darauf folgt in manchen Fällen noch eine urodynamische Untersuchung. Dies ist ein Messverfahren, das die Funktionsweise der Harnblase durch Drucksonden und Elektroden untersucht.

Um das Ausmaß der Erkrankung zu erkennen, werden evozierte Potenziale (VEP, SSEP, MEP, AEP) ermittelt. Als Potenziale bezeichnet man elektrische Spannungen, die in den Nerven- und Muskelzellen vorkommen. Mithilfe von Elektroden werden diese Potenziale abgeleitet und notiert, nachdem eine elektronische Verstärkung erfolgte.

Hinzu kommt noch eine Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) des Schädels und Rückenmarks. Entzündungsherde und Plauqes im Gehirn, die eine Größe von zwei Millimetern übersteigen, zeigen sich bereits am Anfang der Erkrankung. Ein Vorteil der MRT gegenüber anderen Diagnoseverfahren ist, dass sich Veränderungen bereits zeigen, wenn der Patient noch vollkommen beschwerdefrei ist.

Als weitere Untersuchung wird Nervenwasser entnommen (Liquordiagnostik). Zur Gewinnung muss der Arzt mit einer feinen Nadel im Bereich der mittleren Lendenwirbelsäule zwischen die Wirbel stechen. Eine Entzündung des Gehirns und Rückenmarks kann anhand einer solchen Liquorpunktion ermittelt werden. Leidet der Betroffene unter einer MS, ist die Anzahl bestimmter Abwehrzellen (Leukozyten, Plasmazellen) im Nervenwasser erhöht. Nachweisbar sind in diesem Fall auch Antikörper wie Immunglobulin G (IgG). Zusätzlich erkennt der Arzt, ob die Entzündung tatsächlich durch eine MS, oder etwa durch Keime (z.B. Borreliose) hervorgerufen wird.

In der Blutuntersuchung werden folgende Parameter erhoben:

  • Großes Blutbild
  • Leberwerte
  • Nierenwerte
  • Schilddrüsenfunktion
  • Blutzucker
  • Vitamin B12
  • Rheumafaktoren
  • Antinukleäre Sntikörper (ANA)
  • Anti- Phospholipid- Antikörper
  • Lupus- Antikoagulans
  • Entzündungsmarker (C-reaktives Protein= CRP)
  • Angiotensin- Converting- Enzyme (ACE)
  • Borreliose

 Auch der Urin des Betroffenen wird einer Untersuchung unterzogen.

Meistens sind die Laborwerte von MS- Patienten im Normalbereich. Dennoch werden sie erhoben, um andere Erkrankungen auszuschließen, bei denen sich ähnliche Symptome zeigen können. Daher sind in manchen Fällen noch weitere Blutuntersuchungen notwendig, wie etwa:

  • ANCA
  • ENA
  • HIV- Serologie
  • HTLV-1-Serologie
  • TPHA
  • Bestimmung langkettiger Fettsäuren
  • Mykoplasma- Serologie
  • Methylmanylausscheidung im Urin

Bestimmte Laborwerte können unter einer Behandlung mit bestimmten Medikamenten eine Veränderung zeigen. Dies ist zum Beispiel bei einer Therapie mit Kortison der Fall: Die Anzahl der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) nimmt ab, während sie bei einer Behandlung mit Immunsuppresiva ansteigt. Der Blutzucker erhöht sich ebenfalls, wenn der Betroffene Kortison einnimmt.

Da die Diagnose auf MS nicht einfach ist, kann es mitunter Wochen, Monate oder sogar Jahre dauern, bis eindeutig geklärt ist unter welcher Erkrankung der Patient leidet.