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ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung)

Symptome

Definiert wird ADHS durch vier Kardinalsymptome: Hypermotorik, Aufmerksamkeitsstörung mit erhöhter Ablenkbarkeit, Impulsivität und Störungen in der psychosozialen Anpassung. Die Symptomatik hängt aber auch vom jeweiligen Alter des betroffenen Kindes ab. Es muss also immer der aktuelle Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigt werden, wenn nach den Symptomen für ADHS gefahndet wird.

Generell ist ADHS eine Störung, die sich in den einzelnen Lebensabschnitten sehr unterschiedlich darstellt. Im Folgenden wird die Symptomatik von ADHS in den unterschiedlichsten Lebensabschnitten kurz beleuchtet.

ADHS im Säuglingsalter

Säuglinge mit ADHS fallen durch häufige und lang andauernde Schreiphasen sowie eine motorische Unruhe auf. Zudem stehen die Eltern oftmals vor massiven Ess- und Schlafproblemen der betroffenen Kinder. Manche lehnen schon in den ersten Lebensmonaten Körperkontakt ab und sind überproportional oft schlecht gelaunt.

ADHS im bei Kleinkindern (inklusive Kindergartenalter)

Bei Kleinkindern fällt vor allem eine hyperaktive Grobmotorik auf. Die Kinder rennen, klettern und toben den ganzen Tag, schaffen es aber kaum, ruhig zu sitzen. Wenn sie sitzen bleiben müssen, sind sie ständig bereit, wieder aufzuspringen und sich zu bewegen. Diese Aktivität hat aber nur selten ein gewisses Ziel, es geht den Kindern vor allem darum, den Bewegungsdrang zu befriedigen. Dabei werden oft auch Risiken und Gefahren falsch eingeschätzt, weswegen es nicht selten zu Unfällen kommt.

Kleinkinder mit ADHS sind im Spiel oft sehr sprunghaft und wechseln ständig ihre Handlungsweisen.Beim Spiel mit anderen fällt auf, dass sie nur wenig Ausdauer an den Tag legen.

Ausgeprägte Trotzreaktionen und andere negative Verhaltensweisen machen das Sozialverhalten sehr schwierig, weswegen die Kinder auch Probleme dabei haben, beständige Freundschaften aufzubauen.

Manche Kleinkinder mit ADHS legen auch Leistungsschwächen beim Hören, Sehen, der Fein- oder Grobmotorik auf. Manchmal sind auch Besonderheiten bei der Sprachentwicklung vorhanden, welche sowohl besonders schnell oder auch verzögert stattfinden kann.

ADHS bei Schulkindern

Bei Schulkindern ist der Bewegungsdrang meistens vermindert, jedoch sind auch diese ständig unruhig und zappelig. Zudem fällt auf, dass Regeln nur sehr schwer akzeptiert und eingehalten werden können. Dies betrifft nicht nur innerfamiliäre Regeln, sondern auch Grundsätze in Spielgruppen und Klassengemeinschaften. Die Kinder stören im Unterricht, zeigen wenig Ausdauer und sind leicht ablenkbar.

Sowohl in der Schule als auch im Alltag kommt es leicht zu Frustrationen, die vom Kind selbst auch verstärkt wahrgenommen werden, was oft zu Wutanfällen und aggressivem Verhalten führt.

Das Gesamtverhalten des Kindes kann als chaotisch angesehen werden. Dies betrifft nicht nur die Organisation der Aufgaben, sondern auch das eigene Zimmer. Die Kinder fallen auch häufig durch einen nahezu unbremsbaren Rededrang, unpassende Mimik, Gestik und Körpersprache und Ungeschicklichkeit auf, die dann häufig zu Unfällen führt.

In der Schule stellen sich oft eine Lese-Rechtschreib-Schwäche, eine Rechenschwäche oder andere Lernleistungsprobleme ein. Zudem sind ADHS-Kinder oft nicht fähig, soziale Bindungen dauerhaft aufrechtzuhalten, was sie schnell zum Außenseiter mit vermindertem Selbstbewusstsein macht.

ADHS im Jugendalter

Mit dem Voranschreiten der Entwicklung reduziert sich die motorische Hyperaktivität immer mehr. Im Vordergrund stehen nun Symptome wie Impulsivität, Eigensinn, labile Stimmungslagen, niedrige Frustrationstoleranz und dissoziale Tendenzen.

Die Jugendlichen vermeiden jegliche Aufgaben, die längere Konzentration und Anstrengung erfordern würden. In Belastungssituationen ist die Symptomatik meistens noch merkbar verstärkt.

Die Jugendlichen können insgesamt als unaufmerksam und mit einer Null-Bock-Mentalität beschrieben werden. Zudem haben die Jugendlichen oft ein stark vermindertes Selbstwertgefühl und kämpfen mit Ängsten und Depressionen. Als Außenseiter unterhalten sie öfters Kontakte zu sozialen Randgruppen und zeigen eine Tendenz zur Delinquenz, Alkohol und Drogen.

ADHS bei Erwachsenen

Auch bei Erwachsenen ist ADHS nicht sehr selten, auch wenn die Symptomatik bei vielen Betroffenen mit der Zeit verschwindet. Die betroffenen Erwachsenen fallen durch Schusseligkeit und Vergesslichkeit auf. Sie haben Mühe, Aufgaben von Anfang an zu planen und auch zu Ende zu bringen. Die berufliche Situation und soziale Bindungen erweisen sich meist als unbeständig. Die Betroffenen leiden oft unter Ängsten, Depressionen und Jähzorn. Zudem neigen auch sie zu Delinquenz, Alkohol und Drogen.

Störungen in Folge von ADHS

Neben den definierenden Symptomen treten bei oder in Folge von ADHS auch oft Lernstörungen, Verhaltensauffälligkeiten, Störungen des Selbstwertgefühls, emotionale Labilität und psychosomatische Symptome auf. Bei der Lernstörung fällt vor allem auf, dass die Kinder sich leicht ablenken lassen, einen ineffektiven Lernstil anwenden und nicht abstrahieren können.

Starke Unterschiede in der individuellen Ausprägung

Bei der gesamten Beschreibung der Symptomatik muss noch einmal erwähnt werden, dass diese sehr unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Die einen Kinder zeigen alle typischen Symptome in ausgeprägter Form, andere zeigen nur Anzeichen weniger Merkmale.

Die positiven Seiten von ADHS

Bei all diesen negativen Symptomen darf aber auch nicht vergessen werden, dass Menschen mit ADHS auch eine Reihe positiver Eigenschaften zeigen. Darunter fallen zum Beispiel der Ideenreichtum und die künstlerische Kreativität. Auch wenn es manchmal an Ausdauer mangelt, sind viele ADHS-Pateinten sehr begeisterungsfähig und vor allem auch hilfsbereit. Zudem verfügen sie über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

Diagnose

Bei der Stellung der Diagnose spielt vor allem die Beobachtung des klinischen Symptombildes eine große Rolle. Um die Diagnose ADHS stellen zu können, müssen mehrere Kriterien erfüllt sein, die im Folgenden aufgezeigt werden.

Kriterien für ADHS

Auch wenn die Vielfalt der möglichen Symptome bei ADHS sehr groß ist, gibt es Symptomlisten, von denen eine gewisse Mindestanzahl an Symptomen gegeben sein muss, um die Diagnose ADHS stellen zu können.

So müssen zum Beispiel mindestens sechs der folgenden Unaufmerksamkeits-Symptome über einen längeren Zeitraum dauerhaft gegeben sein:

  • häufige Flüchtigkeitsfehler oder fehlende Beachtung von Details
  • Unfähigkeit zur längerfristigen Konzentration
  • fehlendes Zuhören bei direkter Ansprache
  • unvollständige Ausführung von Anweisungen oder Aufgaben
  • mangelnde Organisation von Aufgaben und Tätigkeiten
  • Verweigerung von Aufgaben, die dauerhafte Konzentration erfordern
  • Verlieren von Gegenständen, die für bestimmte Aufgaben gebraucht werden
  • leichte Ablenkung durch unwesentliche Reize
  • hohe Vergesslichkeit bei Alltagstätigkeiten

Zudem müssen mindestens sechs der folgenden Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität zutreffen, um eine ADHS-Diagnose stellen zu können:

  • unruhiges Sitzen und Zappeln
  • oftmaliges Verlassen des Sitzplatzes, auch wenn das Sitzen erwartet wird
  • oftmaliges Herumrennen und Klettern, auch wenn es unpassend ist
  • Ruhelosigkeit
  • hohe Lautstärke beim Spielen
  • Benehmen, als wären sie von einem Motor angetrieben
  • nahezu unkontrollierbarer Rededrang
  • Antworten, bevor die Frage zu Ende gestellt wird
  • Mühe, Reihenfolgen einzuhalten
  • Stören und Unterbrechen anderer Unterhaltungen und Spiele

Um die Diagnose ADHS stellen zu können, muss es auch eine eindeutige Beeinträchtigung im sozialen, schulischen oder beruflichen Bereich geben.

Ausschluss anderer möglicher Ursachen

Zudem müssen auch alle anderen möglichen Ursachen für eine hyperaktive Störung ausgeschlossen werden. Dazu zählt zum Beispiel eine Verminderung der Intelligenz, Epilepsie, Psychosen und affektive Störungen. Zudem müssen organische Ursachen, wie zum Beispiel die Hyperthyreose, ausgeschlossen werden.

Diagnosestellung nur vom Fachmann

Insgesamt kann gesagt werden, dass bei typischen Fällen die Diagnose relativ einfach zu stellen ist. Trotzdem muss diese immer von einem kompetenten Facharzt der Kinder- und Jugendmedizin oder der Kinder- und Jugendpsychiatrie erfolgen. Denn nur so kann eine gesicherte Diagnose erreicht werden, die dann zu einer angemessenen Behandlung führt.

Zudem erschwert sich die richtige Diagnose natürlich, wenn es sich um einen nicht ganz typischen Fall handelt. Und viele ADHS-Kinder und ADHS-Erwachsene zeigen nun einmal nicht die typischen Symptome, sondern treten mit alternativen Erscheinungsbildern von ADHS auf.

Häufige Fehldiagnostik bei Erwachsenen

Vor allem im Erwachsenenalter kann es zu einer Fehldiagnose kommen. Denn hier treten oft Depressionen und andere Störungen in den Vordergrund, deren Ursache meist in sozialen Problemen liegen. Diese wiederum sind versteckt oft durch die Hyperaktivität entstanden, die ADHS mit sich bringt.

Leidet mein Kind an ADHS?

Wenn man den Verdacht hat, das eigene Kind könnte an ADHS leiden, muss zuallererst das Verhalten genau beobachtet und beschrieben werden. Dabei sollte genau eruiert werden, welche Auffälligkeiten zu welchen Zeitpunkten auftreten.

Dabei können vor allem auch offene Gespräche mit anderen Kontaktpersonen des Kindes hilfreich sein. Dazu zählen vor allem die Betreuer in Kindergarten, Schule und Hort oder aber auch Großeltern und andere Babysitter, die regelmäßig mit dem Kind Zeit verbringen. Nach dem Sammeln der Fakten sollte man sich unbedingt an einen Kinder- und Jugendarzt wenden.

Schon bevor die Diagnose gestellt worden ist, kann man Kontakt zu Selbsthilfegruppen oder ADHS-Foren suchen, um sich mit anderen Betroffenen austauschen zu können.

Beim Facharzt oder Kinderpsychologen

Beim Besuch eines Facharztes für Kinder- und Jugendheilkunde oder eines Kinder- oder Jugendpsychologen muss man sich auf einige Fragen gefasst machen. Wenn man sich schon vorher darüber Gedanken macht, kann man konkretere Antworten geben. Die Vorbereitung des Termins kann somit die Diagnose um einiges einfacher machen.

Der Spezialist wird sich genau nach der Situation in der Familie und möglichen Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten und anderen Besonderheiten erkundigen. Zudem sind auch Fragen nach Suchtverhalten und psychiatrischen Erkrankungen wichtig und zielführend. Zudem wird nach Besonderheiten während der Schwangerschaft, bei der Geburt und in der bisherigen Entwicklung gefragt werden. Auch etwaige Vorerkrankungen und andere Beschwerden sollten offen dargelegt werden.

Nach einer ausführlichen Anamnese müssen nicht nur die Eltern, sondern auch andere Bezugspersonen befragt werden. Dabei werden vor allem die sozialen Fähigkeiten und das Leistungsverhalten des Kindes bewertet.

Danach wird eine ausführliche klinische Untersuchung gemacht, um mögliche andere Ursachen für die Auffälligkeiten auszuschließen. Während der Untersuchung und der Anamnese wird der Spezialist genau auf Verhaltensauffälligkeiten des Kindes Acht geben.

Weitere Aufschlüsse über das Verhalten kann der Spezialist in manchen Fällen mittels einer Videokamera erlangen. Dieses hat auch den Vorteil, dass den Eltern direkt gezeigt werden kann, welche Auffälligkeiten das Kind hat. Dabei werden auch Auffälligkeiten bei Mimik, Gestik und Körpersprache gezeigt, die man als Elternteil wohl übersehen würde.

Des Weiteren können ADHS-spezifische Fragebogen ausgefüllt werden. Je nach Methode wird dieser von Eltern, Betreuungspersonen oder in Zusammenarbeit mit dem Kind ausgefüllt. Typische Fragebogen sind der CBCL (Child Behaviour Checklist), der alle möglichen psychischen Erkrankungen im Kindesalter erfasst. Spezifischer ist die Conners-Skala, die vor allem für die Diagnose von ADHS entwickelt worden ist.