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Ein neuer Beginn für die Behandlung der Influenza?

Krankheitsgefühl, Schüttelfrost und hohes Fieber - die Grippe kann besonders bei Patienten mit Asthma, chronischen Lungen- bzw. Herzerkrankungen oder in der Schwangerschaft zu schwerem Verlauf führen. Um mögliche Influenza-bedingte Komplikationen vorzubeugen, hat eine neue multinationale Studie die Wirkung eines Medikaments an Risikopatienten untersucht.

 

Was ist Influenza?

Bei einer Grippe, auch Influenza genannt, handelt es sich um eine durch Viren hervorgerufene, schwere Erkrankung der Atemwege. Die Ansteckung kann über feinste Tröpfchen in der Atemluft oder bei Kontakt von kontaminierten Oberflächen ablaufen. Da die Erreger, Influenza-A und B-Viren, sich schnell verändern können (d.h. hohe Mutationsrate), kann sich beim Menschen kein bleibender Immunschutz entwickeln, wodurch es mehrmals zu einer Ansteckung kommen kann. Während A-Viren (höhere Mutationsrate) zu einem schweren Verlauf führen können, provozieren B-Viren (niedrigere Mutationsrate) meistens einen milderen Krankheitsverlauf.  Zu den häufigsten Symptomen gehören: plötzlich eintretendes Fieber mit Schüttelfrost, Knochenschmerzen, Halsschmerzen, Kopfschmerzen und Reizhusten. Normalerweise erfolgt eine Behandlung durch Bettruhe und nur symptomatisch mit Schmerz- und Fiebermedikamenten wie Ibuprofen, Paracetamol oder Baloxavir marboxil.

 

Neues Medikament Baloxavir marboxil:

Baloxavir marboxil (im Folgenden Baloxavir genannt) ist ein antiviraler Wirkstoff, der 2018 in den USA und Japan, und 2020 in der Schweiz in Form von Filmtabletten zur Behandlung von unkomplizierter Influenza bei ansonsten gesunden Personen ab 12 Jahren zugelassen wurde. Dieser Arzneistoff ist ein selektiver Inhibitor, da ein früher Schritt im Replikationszyklus des Virus gehemmt wird. Die im Jahr 2020, in der Fachzeitschrift The Lancet Infectious Diseases, publizierte Studie untersuchte dabei die Wirksamkeit von Baloxavir bei ambulanten Patienten mit hohem Risiko in Bezug auf Entwicklung von Influenza-assoziierten Komplikationen.

 

Untersuchungsverfahren:

Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-3-Studie wurde an ambulanten Patienten ab 12 Jahren an 551 Standorten in 17 Ländern durchgeführt. Zugelassene Teilnehmer wurden mit einer grippeähnlichen Erkrankung diagnostiziert, besaßen einen Risikofaktor für Influenza-assoziierte Komplikationen (d.h. z.B.: älter als 65 Jahre) und eine Symptomdauer von weniger als zwei Tagen. Die Patienten wurden mithilfe folgender Faktoren eingestuft: Basissymptome, bestehende und verschlechterte Symptome zum Krankheitsbeginn im Vergleich zu vor der Grippe, geographische Region (Asien, Europa, Nordamerika oder südliche Hemisphäre) und Gewicht (entweder mehr oder weniger als 80 kg).

Dabei wurden 3 Gruppen randomisiert: Die erste Gruppe (N=730) bekam eine Einzeldosis von 40 mg Baloxavir bei einem Körpergewicht von weniger als 80 kg oder 80 mg des Arzneistoffes ab 80 kg Körpergewicht. Einer zweiten Gruppe (N=725) wurden 75 mg Oseltamivir (d.h. Arzneistoff für Virusgrippen-Therapie) zweimal täglich über 5 Tage verabreicht. Die Kontrollgruppe (N=729) bekam ein passendes Placebo. Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zur Besserung der Influenzasymptome (d.h. Time to Improvement of Influenza Symptoms, kurz: TTIIS).

 

Resultate:

Von den 2184 Patienten, welche zwischen Januar 2017 und März 2018 untersucht wurden, sind 1163 Studienteilnehmer die sogenannte modifizierte Intention-to-Treat-Analyse (kurz: ITT) eingegangen. Dies ist ein Verfahren der medizinischen Statistik, bei dem die Daten aller Patienten, die man vorher zu behandeln beabsichtigte, im Nachhinein ausgewertet werden müssen.  Dabei hatten 48% der ITT-Patienten das Influenzavirus A H3N2. 42% waren mit Influenza B infiziert und 7% mit dem Influenza A H1N1 Virus. Die restlichen Grippeviren waren gemischte (14 Patienten) oder nicht genauer identifizierte Influenza-Untertypen (28 Patienten). Die mittlere TTIIS war in der Baloxavir-Gruppe mit 73,2 Stunden signifikant kürzer als in der Kontrollgruppe mit Placebo (102,3 Stunden TTIIS). Die zweite Gruppe (Oseltamivir-Gruppe) zeigte bei den Ergebnissen einen durchschnittlichen Wert von 81,0 Stunden.

Unterwünschte Wirkungen waren bei den drei Studiengruppen nicht signifikant verschieden, wobei die Baloxavir-Gruppe bei 25% der Teilnehmer Nebenwirkungen verzeichnete (Oseltamivir bei 28% und die Placebo-Gruppe bei 30%).  Schwerwiegende nicht erwünschte Wirkungen waren in allen drei Gruppen sehr selten (in der Baloxavir-Gruppe nicht häufiger als in den anderen beiden Gruppen).

 

Fazit:

Den Studienuntersuchungen nach hat eine Einzeldosis Baloxavir eine signifikant überlegene Wirksamkeit gegenüber Placebo und eine ähnliche Wirkung wie der alternative Arzneistoff Oseltamivir in Bezug auf Linderung von Influenzasymptomen bei ambulanten Hochrisikopatienten ab 12 Jahren. Auch die Sicherheit von Baloxavir war in der Studie mit dem Placebo vergleichbar. Durch die Reduktion der Influenzakomplikationen bei Risikopatienten könnte diese Behandlungstherapie eine klinische Genesung möglicherweise beschleunigen und dadurch ebendieses Risiko frühzeitig unterstützen.